Spezielle Kapitel aus Technologiefolgenabschätzung:
Rechtliche und technische Aspekte im Zusammenhang mit E-Commerce
Thomas Scheidl:
Das Versenden von Werbung über E-Mails ist für Unternehmen sehr verlockend,
da mit relativ geringem Aufwand innerhalb kürzester Zeit eine große Menge von
Adressaten erreicht werden kann. Allerdings ist diese Art von E-Mail meistens nicht
erwünscht, vor allem dann, wenn sie überhand nimmt. Immer mehr Anwender sehen
sich mit einer Flut von Werbe-Emails konfrontiert, die ihren elektronischen
Briefkasten überfluten und somit für den Empfänger Kosten verursachen
(Online-Gebühren, Zeitaufwand zum Aussortieren etc.).
Um sich vor diesem Problem zu schützen, gibt es verschiedene mehr oder weniger
effektive Methoden: Als vorbeugende Maßnahme gilt es weitestgehend zu
verhindern, daß die eigene E-Mail-Adresse in die Hände von E-Mail-Versendern
gelangt. Das wird sich zwar nie zur Gänze ausschließen lassen, aber man kann doch einiges
dafür tun kann, die Wahrscheinlichkeit zu verringern. Schutz vor
unerwünschten Mails kann man auch durch Filter erreichen, die anhand bestimmter
Kriterien E-Mails herausfiltern, dabei besteht jedoch die Gefahr, auch andere unter
Umständen wichtige E-Mails zu eliminieren. Eine dritte Möglichkeit, gegen
unerwünschte Werbung über E-Mail vorzugehen, ist, sie zu verbieten bzw.
einzuschränken in dem Sinn, daß jeder bekannt geben kann, daß er keine
derartigen E-Mails wünscht. Mit diesem Punkt beschäftigt sich dieser Beitrag.
Als "Spam" bezeichnet man üblicherweise jede Art von
unerwünschter Werbung per E-Mail, im Prinzip fallen jedoch alle unerwünschten
Nachrichten, egal welcher Art darunter, also z.B. auch die typischen
Kettenbriefe.
Spam-Mails werden meistens an sehr viele Adressaten gesendet, die
E-Mail-Adressen hierfür stammen aus Newsgruppen, Mailinglisten, Webseiten,
E-Mail-Verzeichnissen u.ä.
Obwohl die Auswirkungen von Spam durchwegs negativ sind (Belästigung, Kosten
für den Empfänger, Verbrauch von Bandbreite, Überlastung der Mailserver) und
kaum den gewünschten Effekt bewirken (nämlich daß das beworbene Produkt gekauft wird),
sondern im Gegenteil eher zu einer negativen Werbung für den Versender führt,
werden trotzdem nach wie vor Spam-Mails verschickt. Die Gründe hierfür sind
vielfältig, z.B. mangelnde Internet-Erfahrung, die große Versuchung oder der
Versender erhofft sich daraus gar keinen kommerziellen Erfolg, wie z.B. bei
Kettenbriefen. Durch die Anonymität im Internet bietet Spam überdies noch die
Möglichkeit zu illegalen Aktionen (Pyramidenspiele, Betrug, ...)
Robinsonlisten sollen Internet-Benutzer vor unerwünschten Werbe-Emails schützen. Durch einen Eintrag in eine solche Liste erklärt man, daß man keine derartigen E-Mails zugesendet haben möchte. Mail-Versender können diese Liste einsehen und die eingetragenen Personen mit ihrer Adressenliste abgleichen. Das Pendant zu Robinsonlisten ist der Robinson-Aufkleber am Postkasten, durch den man signalisiert, daß man keine Werbung bekommen möchte (ausgenommen, persönlich adressierte).
Im Internet existieren diverse Robinsonlisten, in die man sich kostenlos eintragen lassen kann, direkt über das Web, üblicherweise indem man einfach seine E-Mail-Adresse in ein Formularfeld einträgt. Im folgenden sind einige dieser Listen aufgezählt:
Die Initiative eRobinson wurde bereits im Jahr 1994 gestartet, mittlerweile
sind in die Liste laut eigenen Angaben zur Zeit ca. 53000 Personen eingetragen.
Unter der Adresse http://www.erobinson.com
gelangt man zunächst auf die Homepage des Sponsors, von dort aus dann auf die
Homepage der Robinson-Liste (bzw. direkt über http://software.alpenland.com/main.cfm?cid=20&site=309&record=1295).
Auf dieser Seite gibt es einen Link zum Eintragen in die Liste. Wenn man sich in
die Liste eingetragen hat, bekommt man an die angegebene Adresse eine kurze
E-Mail mit dem Hinweis, daß man jetzt eingetragen sei. Weitere Informationen
sind kaum vorhanden, zum Beispiel erfährt man nicht, wie man sich wieder
austragen lassen kann. Interessant wäre auch, wieviele Firmen ihre Adressen mit
der Liste abgeglichen haben, aber auch darüber gibt es keine Informationen.
Eine weitere deutsche Robinson-Liste ist die Freitag-Liste (http://www.de/freitag). Eintragen kann man sich durch die Angabe der E-Mail-Adresse in einem Formularfeld gleich auf der Hauptseite. Die Freitag-Liste soll eingetragenen Benutzern folgende Unterstützung gegen Werbe-Mails bieten:
Die Liste steht laut Betreiber Unternehmen zur Verfügung, die "gewerblich
Mails versenden und ein berechtigtes Interesse an einem Datenabgleich
haben". Des weiteren gibt es für "Mailversender, bei denen ein Mißbrauch
der Liste nicht von vorneherein ausgeschlossen werden kann" - also
offensichtlich Unternehmen, denen man nicht so ganz traut - keinen Einblick in
die gesamte Liste, aber ein Werkzeug, mit dessen Hilfe festgestellt werden kann,
ob eine bestimmte E-Mail-Adresse in der Liste vorhanden ist oder nicht.
Eine Austragung aus der Liste ist möglich, indem man eine Mail mit einem
bestimmten Inhalt eine bestimmte Adresse schickt.
Wenn man trotz Eintrag in die Liste Werbemails bekommen möchte (von Anbietern,
die tatsächlich an die Mitglieder der Liste keine Mails versenden), kann man
sich in den sog. InfoMail-Verteiler eintragen. Dort kann man angeben, welche Art
von Werbung (Branche) man in welchem Umfang bekommen möchte. Die Versender
können den Mailverteiler dann nutzen, um ihre Werbemails an eingetragene
Mitglieder zu versenden, ohne an deren E-Mail-Adressen zu kommen.
Im Vergleich zu eRobinson bekommt man zur Freitag-Liste auf der Webseite
wesentlich mehr Informationen, allerdings nicht die Anzahl der bereits
eingetragenen Adressen und auch nicht die Anzahl der Firmen, die sich an die
Liste halten - beides ist jedoch für die Zukunft geplant.
Die Mail-Schutzliste (http://www.robinson-liste.de/)
ist eine Initiative von FSKnet (Freiwillige
SelbstKontrolle der Werbetreibenden im Internet). Neben dem Eintrag in die Liste
und Löschen aus der Liste gibt es auf der Webseite auch noch für Firmen die
Möglichkeit, die Liste online anfordern.
Auch hier fehlen die Informationen, wieviele Firmen sich bisher für die Liste
interessiert haben und auch über die Anzahl der eingetragenen Benutzer ist
keine Information verfügbar.
e-robinson.com (http://www.e-robinson.com/) ist eine französische Robinson-Liste, die von der FEVAD (Fédération des Entreprises de Vente à Distance) ins Leben gerufen wurde, einer Vereinigung von Unternehmen, die Produkte im Fernabsatz verkaufen, der ungefähr 300 französische Firmen angehören. Diese verpflichten sich, keine Werbung an Teilnehmer der Liste zu senden, ebenso wie weitere französische und internationale Unternehmen, die ein diesbezügliches Abkommen mit der FEVAD getroffen haben. Im Vergleich zu den anderen Listen ist die Anmeldung aufwendiger - um zum Anmeldeformular zu gelangen, müssen 3 Links verfolgt werden, es müssen mehr Informationen angegeben werden: Anrede, Vorname, Nachname, E-Mail-Adresse, Postadresse (PLZ, Ort, Straße, Hausnr.), das Land (also nicht nur auf Frankreich beschränkt, sondern international - allerdings muß man der französischen Sprache mächtig sein, da die ganze Seite ausschließlich französisch ist). Anzugeben ist außerdem ein Paßwort, mit dem man später seine Angaben ändern oder sich austragen kann. Im Unterschied zu den obengenannten Robinson-Listen werden alle Informationen über eine sichere Verbindung (SSL) übertragen. An Unternehmen, die sich für die Liste interessieren, werden lediglich die E-Mail-Adressen übermittelt, wobei diese Liste einmal monatlich aktualisiert wird. Außerdem behält man sich vor, die Liste auch an ähnliche Organisationen in anderen Länder, die derartige Listen betreiben, zu übermitteln.
Neben einem totalen Verbot gibt es prinzipiell zwei Möglichkeiten, das Problem des Zusendens unerwünschter Werbung zu regeln:
In Österreich gilt zur Zeit die Opting-In-Variante (in der EU sonst noch in Deutschland, Italien und Finnland), allerdings ist in einem entsprechenden EU-Richtlininienentwurf Opting-Out vorgesehen, weshalb sich die Gesetzeslage in Österreich wohl in absehbarer Zeit ändern wird.
In diesem Entwurf ist in bezug auf "unerbetene kommerzielle Kommunikation" (Abschnitt 2, Artikel 7) folgendes vorgesehen:
In den USA gibt es zur Zeit keine einheitliche Regelung, aber auch hier gibt es verschiedene Entwürfe, die in Richtung "Opting-Out" gehen.
Robinsonlisten sollen Internet-Anwender vor der Werbemail-Flut schützen.
Durch einen Eintrag in eine der Listen gibt man bekannt, daß man keine
Werbemails wünscht und kann dann nur hoffen, daß das von Seiten der Versender
berücksichtigt wird. Zur Zeit gibt es keine Verpflichtung für Versender, diese
Listen zu kontaktieren, es ist also freiwillig. Durch die EU-Richtline wird sich
das ändern, die Versender werden dann verpflichtet, ihre Adressen tatsächlich
mit diesen Listen abzugleichen. Allerdings wäre nach der derzeitigen Rechtslage
in Österreich die Zusendung von unerwünschter Werbung über E-Mail ohnehin
nicht ohne Zustimmung des Empfängers erlaubt, was aber die Versender nicht
daran hindert, es trotzdem zu tun. Durch die EU-Richtlinie werden zumindest die
europäischen Versender verpflichtet, sich an die entsprechenden Listen zu
halten, allerdings stammen viele Versender eben nicht aus Europa, und die
können weiterhin ihre Spam-Mails verschicken, ohne Konsequenzen fürchten zu
müssen, mal ganz davon abgesehen, daß die meisten dieser Versender ohnehin
nichts von der Existenz dieser Robinson-Listen wüßten.
Zur Zeit scheint es also relativ wenig Sinn zu haben, sich in eine der
Robinson-Listen einzutragen, da diese wohl vielen Firmen gar nicht bekannt sein
dürften und keine Verpflichtung besteht, sich daran zu halten. Es gibt auf den
jeweiligen Webseiten der Robinsonlisten auch keinerlei Informationen darüber,
wieviele Firmen die Liste bereits angefordert haben. Außerdem besteht noch die
Gefahr, durch einen Eintrag in eine derartige Liste genau das Gegenteil zu
erreichen - nämlich dann, wenn diese von Firmen dazu mißbraucht wird, nicht
die eingetragenen Teilnehmer aus ihrer Adressenliste zu streichen, sondern über
die Robinson-Liste an zusätzliche Adressen für den Spam-Versand zu gelangen.
Diese Art von Mißbrauch zu verhindern, ist Aufgabe des Betreibers der Listen -
jeder muß dann selbst entscheiden, ob er diesem Betreiber (von dem man
vielleicht kaum etwas weiß) genügend Vertrauen entgegenbringt, um ihm seine
E-Mail-Adresse anzuvertrauen.
Robinsonlisten können werden also letztendlich niemanden gänzlich vor
unerwünschter Werbung über E-Mail bewahren können, bestenfalls deren Anzahl
reduzieren - aber auch das bleibt erst abzuwarten. Der beste Schutz ist also
wohl nach wie vor, zu verhindern, daß die eigene E-Mail-Adresse überhaupt in die
Hände von Spam-Versendern gelangt.
Elektronische Robinson-Listen im Internet:
http://www.erobinson.com
http://www.de/freitag
http://www.robinson-liste.de
http://www.e-robinson.com/
Weitere Informationen zum Thema Spam, Gesetzeslage in einzelnen Ländern und Initiativen:
http://www.cauce.org
http://www.euro.cauce.org
EU-Richtlinienvorschlag über bestimmte Aspekte des elektronischen
Geschäftsverkehrs:
http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/dat/1999/de_599PC0427.html
Thomas Scheidl, 7.6.2000