Ein selbstorganisierendes System ist ein System, das seine grundlegende Struktur als Funktion seiner Erfahrung und seiner Umwelt verändert. (Farley und Clark, Lincoln Laboratory, 1954)
Bereits diese (1954) formulierte Definition des Begriffes "Selbstorganisation" besitzt starke Zusammenhänge mit aktuellen Themen der Gegenwart wie zum Beispiel neuronale Netze und genetische Algorithmen.
Folgende drei Punkte sind typisch für selbstorganisierende Systeme:
Folgendes Beispiel soll diese drei Charakteristika veranschaulichen:
Ein Vogel in einem Vogelschwarm nimmt (erstens) seine Geschwindigkeit,
die seiner "Nachbarn" (mehr oder weniger stark), die Entfernung
zu seinen Nachbarn, die Entfernung zu potentieller Nahrung (Insekten, ...)
usw. wahr, entscheidet sich (zweitens) wohin und wie schnell er weiterfliegen
möchte und setzt diese Entscheidung (drittens) in die Tat um.
Selbstorganisation tritt in unzähligen Bereichen auf: Biologie, Chemie,
Informatik, Geologie, Soziologie, Wirtschaft, usw. . Alleine dieses Faktum
dürfte Grund genug sein, sich mit diesem Thema eingehender auseinanderzusetzen.
Die drei oben genannten Voraussetzungen für selbstorganisierende Systeme bedingen wiederum drei grundlegende Eigenschaften dieser Systeme:
Wie bereits oben ersichtlich wurde, ist die Kommunikation zwischen den Einzelteilen eines Systems wichtige Voraussetzung zur Entstehung von Selbstorganisation. Sie ermöglicht erst die "Verstärkung" der Einzeleigenschaften der Systemteile und die Kombination dieser zum Verhalten des Gesamtsystems.
In selbstorganisierenden Systemen ist es (laut Punkt 2 der obigen Aufstellung)
nicht unbedingt notwendig das Verhalten der Einzelteile zu verändern um
das Verhalten des gesamten Systems zu ändern. Diese Eigenschaft wäre zum
Beispiel für die Entwicklung von einfachen Robotern, die zusammen bestimmte
Tätigkeiten ausführen sollen, von großem Vorteil, weil unter Umständen
nur die Umgebung der Roboter geändert werden müßte, um sie für eine unterschiedliche
Aufgabe einsetzen zu können.
Die einfache "Programmierung" mehrerer gleicher Individuen und die autokatalytische Kommunikation zwischen diesen sind die Hauptvorteile selbstorganisierender Systeme gegenüber deterministisch "vorprogrammierten" Systemen. Selbstorganisierende Systeme sind deshalb nicht nur einfach und günstig sondern auch anpassungsfähig, fehlertolerant und zuverlässig. Die Einfachheit der großen Menge an Individuen senkt die Produktionskosten eines solchen Systems und vermindert die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenbruches.
In deterministischen Systemen werden (sowohl in der Software als auch in der Hardware) hochkomplexe Bausteine verwendet, die alle Eventualitäten abdecken sollen (und genau das wird in Zukunft immer unmöglicher). Bei selbstorganisierenden Systemen arbeiten einfache "Programme" (oder Algorithmen) in unvorhergesehenen Situationen und passen sich veränderten Bedingungen an.
Deneubourg und Goss formulieren (für das Beispiel von Robotersystemen)
folgendermaßen:
"Engineers are often, consciously or not, prisoners of the Cartesian and scientific positivist philosophy that dominates their education, and it is therefore not surprising that robot designers have chosen to develop expensive, complicated, deterministic robots, tailored to specific problems. We can now propose the completely different approach of using teams of simple, interacting robots to perform a wide range of tasks."