Telearbeit
Definition, Potential und Probleme
1. Definition
"Unter Telearbeit ist die Arbeit zu verstehen, die
Mitarbeiter außerhalb der Firmenräume, in der Wohnung, in
Nachbarschaft- oder Satellitenbüros, unter Nutzung von
öffentlichen Kommunikationsmitteln und entsprechenden
technischen Geräten zur Erledigung ihres Arbeitsvertrages
verrichten."
2. Potential - Arbeitsplätze und Investitionen
"Die Telearbeit ist in der Bundesrepublik
Deutschland relativ wenig verbreitet. 60 % der befragten
Unternehmen dieser Studie haben keine Telearbeitsplätze
eingeführt und planen dies auch nicht. 6% der befragten
Unternehmen planen die Einführung der Telearbeit innerhalb der
nächsten Jahre. Nur ein Unternehmen hatte die Telearbeit
eingeführt und bereits wieder abgeschafft. In 33% der befragten
Unternehmen ist Telearbeit vorhanden."
Eine Befragung und Hochrechnung der empirica
GmbH zeigt die Arbeitsplatzreserven der Telearbeit.Telearbeit
in Europa - Stand und Perspektiven
|
Telearbeiter
in 1000 |
Telearbeitsplatz-Potential
in 1.000 |
GB |
560 |
1.670
|
F |
220 |
1.495
|
D |
150 |
2.867
|
E |
100 |
900 |
I |
100 |
1.726
|
Hochrechnung auf Basis einer Umfrage bei 5.347
Personen über 14 Jahren und 2.507 Führungskräften,
(im Auftrag der EU) / April 94 / IWD,
30.3.95
Die Arbeitsgruppe des ZVEI/VDMA schätzt für
die Bundesrepublik 30.000 Telearbeitsplätze (1994), die sich bis
zum Jahr 2000 auf ca. 800.000 (2% der Erwerbstätigen) erhöhen
soll. Für Europa läge diese Zahl bei 2 Mio. Arbeitsplätzen im
Jahr 2000 (nach Bangemann Report). Investitionen von 15.000
DM/Arbeitsplatz angenommen, ergebe sich in Deutschland daraus ein
Investitionsvolumen von 12 Mrd.DM bis zur Jahrtausendwende. Legt
man für den Betrieb des Telearbeitsplatzes 300 DM/Monat
Netzkosten zugrunde (das ist die Kosten-Zielvorstellung des
ZVEI/VDMA), so bedeutet das für die Netzbetreiber einen
jährlichen Umsatz von über 2 Mrd.DM/Jahr (noch ohne
Anschlußkosten). Die 800.000 Telearbeiter würden bei 3
Telearbeitstagen in der Woche und durchschnittlicher Entfernung
zum Betrieb von 15 km pro Mitarbeiter 4.000 km/Jahr Fahrstrecke,
das sind 3.2 Mrd. km insgesamt, einsparen.
In den USA ist die Telearbeit offensichtlich
schon heute wesentlich verbreiteter. Etwa 9.2 Mio. Menschen
arbeiten zeitweise (z.B. nach Feierabend) zu Hause mit Computer
und Datenleitung. Weitere 7.6 Mio. haben schon völlig auf einen
betrieblichen Arbeitsplatz verzichtet und arbeiten als
"Telecommuter" im eigenen Hause. Seit 1992 wächst die
Zahl der Telecommuter in den Vereinigten Staaten um jährlich
15%, davon etwa genauso viele Männer wie Frauen. Um wieviel
produktiver diese Arbeitsplätze wirklich sind ist nicht genau zu
bestimmen. Ein Kundendienstmitarbeiter bei AT&T meint, daß
er mit seinem mobilen virtuellen Büro etwa 30 - 40 % mehr
Kundenwünsche befriedigen kann als vorher.
3. Beispiele für Pilotprojekte
Das BMBF fördert Telearbeit unter den
Schwerpunkten TELEKOOPERATION/POLIKOM und
TELEKOOPERATION/Mehrwertdienste.
BMBF - Förderschwerpunkt POLIKOM
In den Pilotprojekten
- POLIWork (synchrone Telekooperation
zur Zusammenarbeit kleiner Gruppen bei räumlicher
Distanz)
- POLITeam (räumlich verteilte
asynchrone Gruppenarbeit)
- POLIFlow (verteilte asynchrone
Verwaltungsprozesse)
- POLIVest (Vorgangsbearbeitung mittels
synchroner Telekooperation)
sollen vor allem (öffentliche) Verwaltungen,
unabhängig vom Standort, "digital" integriert werden.
Damit wird auch der Heimarbeitsplatz oder ein Satellitenbüro
einbeziehbar und somit Telearbeit in Verwaltungen praktizierbar,
da vom Arbeitsprozeß her gleichartig.
BMBF - Förderschwerpunkt TELEKOOPERATION (
enthält u.a.):
| Das "Dezentrale
Schreibbüro" hat zum Ziel, große
Institutionen oder Unternehmen, in denen viele
Schreibarbeiten anfallen, mit dezentralen
Dienstleistern elektronisch zu verbinden und einen
intelligenten Service zu ermöglichen. Diese
Dienstleister könnten Satellitenbüros und
Schreibbüros in strukturschwachen Regionen oder auch
einzelne Heimarbeiter sein. |
| LINGO - ein netzwerkbasiertes
Fremdsprachen-Dienstleistungssystem, integriert u.a.
Dolmetscher, Übersetzer oder andere Sprachexperten
über ein informationstechnisches System mit beliebig
lokalisierten Kunden. D.h., diese schon heute oft in
Heimarbeit durchgeführten Übersetzungen werden
wesentlich effektiver und auch große
Übersetzungsbüros können dezentral betrieben
werden. |
| Das "Mobile
Baustellenbüro" fördert Telearbeit im
weiteren Sinne, in dem es Baustellenleiter oder
Architekten mit einem mobilen Arbeits- und
Kommunkationsplatz (PC, Fax, Drucker, Scanner,
Telefon) ausstattet, so daß diese von beliebigen
Orten (zu Hause, unterwegs, auf der Baustelle)
kooperieren können. |
| Beim Projekt "Telearbeit in
einem Ballungsraum" innerhalb des
Rahmenprogramms des Freistaates Bayern "Bayern
Online" werden ca. 5 % der Mitarbeiter in den
Bereichen Entwicklung, Einkauf und Technik eines
Großunternehmens (rd. 300 Personen) einen
Telearbeitsplatz am Wohnort erhalten. Dies eröffnet
die Möglichkeit, Arbeitsplätze mit den
verschiedensten Anforderungsprofilen unter
technischen, wirtschaftlichen, organisatorischen und
sozialen Aspekten praxisnah zu erproben. |
| Die Kommunale Gemeinschaftsstellen
(KGSt) in Köln praktiziert als gemeinnütziges
Dienstleistungs- und Beratungsunternehmen der
Städte, Gemeinden und Kreise eine Variante der
"alternativen Teleheimarbeit", bei der
einige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einen
größeren Teil ihrer Arbeit zu Hause erledigen, ohne
reine "Heimarbeiter" zu sein. Das Projekt
dient nicht nur KGSt-internen Zwecken, sondern soll
als Erfahrung in die gutachterliche und
Beratungsarbeit einfließen. |
| In mehreren Modellversuchen hat die IBM
Deutschland seit 1987 getestet, welchen Nutzen
der Arbeitsplatz zu Hause Mitarbeitern und dem
Unternehmen bringen kann. 1991 erhielt das
Unternehmen für die Betriebsvereinbarung
"Außerbetriebliche Arbeitsstätten" den
"Innovationspreis der deutschen
Wirtschaft". Heute haben etwa 350 Mitarbeiter
einen Telearbeitsplatz im engeren Sinne zu Hause und
nutzen diesen regelmäßig. Etwa 5000 Mitarbeiter
insgesamt nutzen die technischen Möglichkeiten der
Telearbeit im weiteren Sinne, also z.B. mobile
Terminals im Vertrieb oder Notebooks mit
Netzanbindung zeitweise zu Hause oder auf Reisen. |
4. Problemfelder
In der Diskussion zur Telearbeit werden eine
ganze Reihe Problemfelder genannt:
Soziale Probleme
| Vereinsamung |
| Selbstausbeutung |
| Motivation |
| Privatheit |
| Akzeptanz |
Juristische Probleme
| Mitbestimmung |
| Arbeitnehmerstatus |
| Zutritt zum Arbeitsplatz |
| Problemfelder der Kostenteilung |
| Telearbeit - Versicherung |
Organisatorische Probleme
| Kontrolle |
| Kommunikationssicherheit |
| Datensicherheit |
| Zielsicherung |
Betriebswirtschaftliche Probleme
| Kosten/Nutzen |
| Produktivität |
| Meßbarkeit |
Technische Probleme
| Standards und Offenheit der Systeme |
| Mensch-Maschine Schnittstellen |
| Sicherheit/Zuverlässigkeit |
| Intelligenz der Systeme |
Dabei wird immer wieder betont, daß die
Lösung der nichttechnischen Probleme vor allem "im
Kopf" stattfinden muß und das eine wesentliche Hemmschwelle
in der Bereitschaft des mittleren Managements liegt, die direkte
(Anwesenheits-) Kontrolle der Mitarbeiter durch Vorgabe von
Zielen zu ersetzen.
Insgesamt verschiebt sich der ursprünglich bei
einfacher Tätigkeit (Diktate, Dateneingabe etc.) gedachte
Schwerpunkt der Telearbeit zu höherwertiger, qualifizierter
Tätigkeit. Als besonders geeignet werden zunehmend Aufgaben
gesehen, die
| einen hohen Autonomiegrad aufweisen |
| in dispositiven und kreativen Bereichen
angesiedelt sind |
| ergebnisorientiert bewertet werden können
und somit |
| eher im Bereich höheren
Qualifikationsniveaus angesiedelt sind |
4.1. Soziale Probleme
Eine Studie/Befragung von 38 am
IBM-Telearbeitsprojekt beteiligten Mitarbeitern ergab, diese sind
produktiver, motivierter sowie flexibler und können außerdem
Familie und Beruf besser vereinbaren. Auf die immer wieder im
Zusammenhang mit Telearbeit genannten sozialen Befürchtungen,
gab diese Studie folgende Antworten:
| Alle Befragten bewerteten die Auswirkungen
des häuslichen Arbeitsplatzes auf ihre Arbeit als
äußerst positiv |
| Die Notwendigkeit höherer Selbstdisziplin
bestätigte etwa die Hälfte |
| Die Gefahr, zum "Workaholic"
zu werden beurteilten ca. 90% als gering |
| Eher positiv beurteilten die Mitarbeiter
die Auswirkung auf ihr Privatleben (90% - zwar
nicht mehr Zeit für Familie aber zum richtigen
Zeitpunkt) |
| Die Angst, daß sich der
Informationsaustausch mit Vorgesetzten und Kollegen
verschlechtert, wurde von der Praxis nicht bestätigt.
Lediglich der persönliche Kontakt zu Kollegen außerhalb
der Abteilung ist (lt. 40% der Befragten) weniger
geworden. |
| Soziale Isolierung konnte bei der
Befragung ebenfalls nicht festgestellt werden. |
| Rund 70% der befragten Mitarbeiter würden
nur ungern auf ihren zusätzlichen (eigenen) Arbeitsplatz
im betrieblichen Büro verzichten. |
| Rund 76% der befragten Führungskräfte
bewerteten die außerbetrieblichen Arbeitsplätze positiv |
Insgesamt zeigen die Erfahrungen, daß sich die
starken sozialen Ängste nicht bestätigen und das es genügend
Möglichkeiten gibt, den realen Gefahren entgegenzutreten.
Wichtig scheint, daß genügend Gelegenheiten geschaffen werden,
bei denen direkter sozialer Kontakt mit den Kollegen gegeben ist,
u.U. auch außerhalb der Arbeit.
4.2. Juristische Probleme
Juristische Probleme werden im Schutz des
Status der Arbeitnehmer (gleichberechtigtes
Belegschaftsmitglied), in dem Erhalt der Mitbestimmung sowie dem
Zutritt zur Heimarbeitsstätte für den Arbeitgeber oder für
Arbeitnehmervertreter gesehen. Auch Fragen der
Leistungskontrolle, des Arbeitsschutzes, der Arbeitszeit und des
Versicherungsschutzes spielen eine Rolle.
Die typischen rechtlichen Probleme der
Telearbeit regelt beispielsweise die IBM Betriebsvereinbarung
"Außerbetriebliche Arbeitsstätten" (ABA) wie folgt:
| ABA werden auf freiwilliger Basis
eingerichtet. |
| Der Arbeitnehmer-Status der
Mitarbeiter/innen bleibt unverändert. Das betrifft z.B.
das Gehalt, Sozialleistungen und Urlaubsregelungen. |
| Die vertraglich festgelegte Arbeitszeit
wird auf die Bereiche Betrieb und zu Hause per
Vereinbarung aufgeteilt. Das kann entweder
"betriebsbestimmt" oder
"selbstbestimmt" geschehen. |
| Die Zeiterfassung wird über ein
Arbeitstagebuch geregelt, das monatlich von der
Führungskraft abzuzeichnen ist. |
| Aufgabe des Management ist es, dafür zu
sorgen, daß der Kontakt zum Betrieb, insbesondere
zu den Kollegen aufrecht erhalten wird. Betroffene
Mitarbeiter haben Anspruch auf die betrieblichen
Informationsmittel und können die Einberufung
gemeinsamer betrieblicher Besprechungen anregen. |
| Arbeitsmittel stellt das
Unternehmen kostenlos zu Hause zur Verfügung. Für den
Arbeitsraum, Strom und Heizung zahlt es monatlich eine
Pauschale (40 DM). Ein höherer Aufwand (z.B. dienstliche
Telefongespräche) wird gegen Nachweis erstattet. Kosten
für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb werden in der
Regel nicht erstattet. |
| Zutritt: Unternehmens- oder
Arbeitnehmervertreter dürfen aus verfassungsrechtlichen
Gründen die außerbetriebliche Arbeitsstätte nur
betreten, wenn der Mitarbeiter zustimmt. |
| Vertrauliche Daten und Informationen
sowie Sicherheitscodes sind so zu schützen, daß Dritte
keine Einsicht nehmen können. |
| Arbeitsunfälle an der
außerbetrieblichen Arbeitsstätte sind durch die
Berufsgenossenschaft versichert. |
| Der Mitarbeiter und die in dem Haushalt
lebenden Personen sowie Besucher sind gegenüber dem
Unternehmen nur zur Haftung verpflichtet, wenn Vorsatz
oder grobe Fahrlässigkeit vorliegen. |
4.3. Organisatorische und
betriebswirtschaftliche Probleme
Durch Telearbeit wird eine um 20 bis 30%
steigende Arbeitskapazität für möglich gehalten. Das kann
geschehen durch:
| bessere Entfaltung des
Mitarbeiterpotentials |
| Bindung hochqualifizierter Mitarbeiter und
sinkende Fluktuation |
| Entlastung der Mitarbeiter und sinkende
Fehlzeiten |
| Bereitschafts- und Fahrtzuschläge
sinken/entfallen |
| Bürofläche wird reduziert |
Diesen Effizienzsteigerungen stehen
Investitionskosten in Informationstechnik sowie laufende
Kommunikationskosten gegenüber. Bei den sinkenden Kosten für
Informationstechnik bleiben die in Deutschland relativ hoch
liegenden Telekommunikationsgebühren als ein wirtschaftliches
Hemmnis. Eine deutsche Analyse kommt auf der Basis von
Befragungen bei Unternehmen, die Telearbeit praktizieren, zu dem
Ergebnis, daß ein komplett ausgestatteter Telearbeitsplatz (PC,
ISDN-Karte oder Modem, Software und Drucker) Investitionskosten
von weniger als 10.000 DM erfordert. Die monatlichen
Kommunikations- und Datenübertragungskosten wurden zwischen 500
DM (Filetransfer) und 1.000 DM (Dialoganwendungen) geschätzt.
Damit dürfte Telearbeit schon heute wirtschaftlich sein.
Heben lassen sich diese Potentiale aber nur
durch organisatorische Änderungen im Arbeitsablauf. Telearbeit
ist der Einstieg in flachere Hierarchien und in die Führung
durch Zielsetzung und Eigenmotivation. Diese notwendigen und
tiefen Veränderungen in Management- und Arbeitstraditionen sind
das eigentliche Problem der Durchsetzung von Telearbeit.
4.4. Technische Probleme
Ungelöste technische Probleme gibt es für die
Einführung der Telearbeit grundsätzlich nicht mehr. Um eine
schnelle Ausbreitung voranzutreiben, gilt es jedoch noch eine
Reihe von Schwachstellen zu beseitigen. Dabei wird durchaus
anspruchsvolle Forschung und Entwicklungsarbeit nötig sein.
Solche Schwachstellen sind:
Standards und Offenheit der Systeme
- multimediale Telarbeitssysteme müssen verschiedene
Traditionen (Telefon, Computer, Verwaltungen, Wissenschaft
etc.) vereinen, werden von verschiedenen Herstellern
angeboten und sind daher wenig oder unterschiedlich
standardisiert. Diese uneinheitlichen technischen
Schnittstellen (bis hin zum Aufbau von Formularen) behindert
natürlich Ausbreitung und Akzeptanz.
Sicherheit und Zuverlässigkeit -
beziehen sich auf zwei verschiedene Felder. Zum einen wächst
mit der zunehmenden Anzahl von Telearbeitsplätzen die
Komplexität des Systems und damit die Fehleranfälligkeit.
Gleichzeitig steigt bei verteilter Arbeit die Abhängigkeit
von der Technik. Fehler können nicht mehr durch direkte
menschliche Kommunikation überbrückt werden. Technische
Zuverlässigkeit und Servicestrukturen sind geboten. Zum
anderen entsteht das Problem der Datensicherheit, da z.T.
sensible Daten über öffentliche Netze transportiert werden
müssen. Telearbeit geht nicht mit in sich geschlossenen und
damit komplett abschirmbaren Systemen.
Mensch - Maschine Schnittstellen -
werden zunehmend zum Problem, wenn Telearbeit auf nicht
speziell geschulte, breite Nutzerschichten trifft und
gleichzeitig die Vielfalt der technischen Möglichkeiten
steigt. Multimedialität, Datenbankrecherchen,
Interaktivität, Mobilität etc. seien als Schlagwort
genannt. Der Umgang mit diesen Angeboten muß durch die
Maschine unterstützt werden.
Intelligenz der Systeme - wird damit
zur Voraussetzung, um sich als Telearbeiter in der
Komplexität eines im Extrem "World Wide Web"
zurechtzufinden. Die Technik muß "intuitiv" auf
den Nutzer eingehen, fehlertolerant reagieren und
differenzierte Eingabemedien akzeptieren (Tastatur, Sprachen,
Zeichnen etc.). Gleichzeitig muß sie lernfähig sein und
Nutzerprofile erkennen, behalten und unterstützen.
Probleme des Datenschutzes und der
Datensicherheit sind schon heute technisch lösbar.
Besondere neue gesetzliche Regelungen sind nicht
erforderlich. Die Bestimmungen des Datenschutzes sind
ausreichend.
Feststellungen und
Empfehlungen der Arbeitsgruppe ZVEI/VDMA vom Mai 1995:
Allgemeine Empfehlungen
| die Gebührenstruktur der Telekom
muß so gestaltet werden, daß für einen
Telearbeitsplatz bei 6 Stunden laufenden Betriebs nicht
mehr als 300 DM Gebühren anfallen (Regionalzonentarif) |
| kundengerechtes, transparentes Angebot
an Telekommunikationsdiensten, welches vor allem für
KMU Anreize zur Einrichtung von Telearbeitsplätzen
schafft |
| bei Banken zu erreichen, daß für die
Einrichtung von Telearbeitsplätzen spezielle
Darlehensmöglichkeiten angeboten werden |
| bei den Finanzämtern zu erreichen,
daß Telearbeitseinrichtungen abgeschrieben werden
können, auch wenn eine private Nutzung nicht total
ausgeschlossen werden kann |
| den Abschreibungszeitraum wegen der
dynamischen Entwicklung von Hard- und Software auf drei
Jahre reduzieren |
| den städtischen Verwaltungen soll
klargemacht werden, daß sie ihre Versorgungskanäle
an Netzwerkbetreiber vermieten können |
| Unternehmerverbände sollten ihre
Mitglieder positiv einstimmen und sachkundige Beratung
anbieten; die Verbände könnten als "Promoter"
Netzwerke für ihre Mitglieder anmieten |
| die Bundesregierung könnte, wie bei
Behindertenarbeitsplätzen, den Unternehmen Telearbeitsplätze
vorgeben, im Interesse der Arbeitnehmer und der
Umwelt |
| die Bundesregierung könnte den
Unternehmen, im Rahmen von ABM Förderung und
Schwerbehinderten-Programmen, bei der Schaffung von
Telearbeitsplätzen Unterstützung gewähren |
| die Bundesregierung könnte, aufgrund von
Erfahrungen engagierter Firmen, Empfehlungen über
Telearbeitsplätze veröffentlichen
|
| die öffentliche Hand und
Unternehmerverbände sollten vorbildhaft vorausgehen und
Telearbeitsplätze für eigene Mitarbeiter einrichten |
Empfehlungen zu sozialen Aspekten
| Zur Unterstützung der Akzeptanz
wird empfohlen, freiwilligen Vereinbarungen
zwischen Arbeitgeber und -nehmer den Vorrang
einzuräumen. Wenn irgend möglich, sollte auch die
Rückkehr in eine Beschäftigung in zentraler
Betriebsstätte erlaubt sein. |
| Der persönliche Kontakt zur
zentralen Betriebsstätte soll durch intensive
Kommunikation aufrecht erhalten bleiben. Es ist
anzustreben, daß der Tele-Mitarbeiter einen Teil seiner
Arbeitszeit (ein Tag/Woche ist empfehlenswert) in der
zentralen Betriebsstätte verbringen soll. |
| Besonders für qualifizierte Arbeiten ist
eine maschinelle Kontrolle der Tätigkeit abzulehnen.
Auch erscheint dies nur in ganz seltenen Fällen in
ausreichendem Umfang möglich. |
| Ergebnisorientiertes Führen muß
im Vordergrund stehen. Ziele sollten im Dialog erarbeitet
und vereinbart werden. Sie sollten meßbar sein. |
Juristische Aspekte
| Ein besonderes Gesetz für
Telearbeitnehmer ist nicht erforderlich. Aufgrund
bisheriger Erfahrungen werden nach Einschätzung der
Gruppe auch bei der Telearbeit die echten
Arbeitsverhältnisse unter Anwendung der einschlägigen
Arbeitnehmerschutzvorschriften bei weitem überwiegen. |
| Soweit tatsächlich auf das Institut des
Heimarbeitsverhältnisses zurückgegriffen werden sollte,
sind dessen Schutzbestimmungen aus heutiger Sicht
ausreichend. |
| Sollte Telearbeit an Selbständige
(freie Mitarbeiter) vergeben werden, so bieten die
Kriterien zum Scheinwerkvertrag ausreichend Schutz für
Betroffene. |
| Ein Zutrittsrecht gegen den Willen
des betroffenen Telearbeiters für Arbeitgeber,
Arbeitnehmervertreter und Behörden, das nach
herrschender Meinung de lege lata aufgrund des
verfassungsrechtlichen garantierten Schutzes der Wohnung
nicht besteht, sollte auch nicht durch gesetzgeberische
Akte geschaffen werden. Das im Falle einer drohenden
Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung
bestehende Eingriffsrecht zugunsten des Staates erscheint
ausreichend. |
| Die vorgenannten Überlegungen gelten auch
für die Belange des Arbeitsschutzes. Zum einen
sind besondere Gefahren für das Arbeiten als
Telearbeiter nicht ersichtlich, zum anderen ist die
tatsächliche Gestaltung des Telearbeitsplatzes wegen
ständiger Möglichkeit zur Umgestaltung nicht
kontrollierbar. |
| Eine analoge Anwendung der Grundgedanken
des §16 Heimarbeitsgesetzes hinsichtlich der Verteilung
der Verantwortlichkeit beim Gefahrenschutz erscheint
auch für das Telearbeitsverhältnis geboten und ist
sachgerecht. |
| Da auf das Telearbeitsverhältnis die
betriebsverfassungsrechtlichen Mitwirkungsrechte des
Betriebsrates Anwendung finden, bedarf es keiner
Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes. Dies ist
jedoch aufgrund der Besonderheiten, die sich aus dem
Arbeiten zu Hause ergeben, z.T. (z.B. Kontrolle des
Arbeitsplatzes) einschränkend zu interpretieren. |
| Ein Mitbestimmungsrecht nach §87 Abs.1
Nr.2 hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit und der
Pause, ist abzulehnen. Dem Telearbeiter muß, soll ein
solcher Arbeitsplatz attraktiv werden, für die am
Telearbeitsplatz zu leistende Arbeitszeit die
individuelle Zeitsouveränität bleiben. Er muß
entscheiden können, wann er arbeiten will. |
| Unfallversicherungsrechtlich stehen
Telearbeiter unter dem Schutz der Gesetzlichen
Unfallversicherung, so wenigstens nach der bisherigen
Interpretation einer Berufsgenossenschaft. Diese
Auffassung sollte allgemeingültig werden. Sie ist
deshalb mit dem Hauptverband der Gewerblichen BG
abzuklären. |
| Haftungsrechtlich sollten auch auf
das Telearbeitsverhältnis in Übereinstimmung mit der
neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die
Maßstäbe für die Haftungserleichterung entsprechend
den Grundsätzen der Haftung für gefahrengeneigte
Arbeiten Anwendung finden. Gesetzgeberischer
Handlungsbedarf besteht nicht. |
| Satelliten- oder Nachbarschaftsbüros
bedürfen keiner besonderen Regelung. |
| Den Verbänden wird empfohlen, Muster
für freiwillige Betriebsvereinbarungen zu
erarbeiten, um die vielfältigen Rechtsprobleme
möglichst einvernehmlich lösen zu können. |
Fußnoten:
[1] Aus der Zusammenfassung einer Studie der TH
Darmstadt 1994 (Prof.Rüttinger), die 87 Unternehmen befragte,
zitiert nach ZVEI/VDMA
[2] Hendricks, B.: Mein Büro ist, wo ich bin;
Computerinformation, 1/94
[3] Reichwald. R.; Hermens, B.: Telekooperation
und Telearbeit; Office Management, 42(1994) 10
[4] Kommunale Gemeinschaftsstelle (KGst):
Telearbeit; Köln 1995
[5] Godehardt, B., Worch, A.: Telearbeit:
Rahmenbedingungen und Potentiale. Kurzfassung.
Düsseldorf 1994 (ISDN-Forschungskommission
NRW, Materialien u. Berichte, 15) zitiert nach KGst/
sonntag@fim.uni-linz.ac.at
Last modified: 13 August, 2002, by MVS
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