2.2. Einordnung der Telearbeit in betriebliche Arbeitsformen

Die ursprüngliche Form der Büroarbeit ist die Einzelarbeit, die in der Regel konzentriertes Arbeiten am Arbeitsplatz (Nachdenken, Lesen, Schreiben, Ausarbeiten) beinhaltet und eine ruhige, störungsfreie Umgebung erfordert [SEIT95]. Demgegenüber stehen verschiedene Formen der Zusammenarbeit (Kooperation). Dabei wird ein Zusammenwirken erreicht, bei dem die beteiligten Teilsysteme aktiv oder passiv eine funktionierende Gesamtheit bilden. Neben der Einteilung der Arbeitsformen nach dem Grad der Kooperation können Organisationseinheiten auch nach dem Grad der Dezentralisation klassifiziert werden. Zu unterscheiden ist, ob die Angehörigen einer Organisation zentral (z. B. an einem Stammsitz des Unternehmens) oder dezentral (z. B. in verschiedenen Filialen) untergebracht sind. In der folgenden Abbildung soll der Zusammenhang zwischen den Dimensionen "Kooperationsgrad" und "Dezentralisationsgrad" sowie den Arbeitsformen "Telearbeit", "Teamarbeit", "Klassische Büroarbeit" und "Kombinierte Tele- und Teamarbeit" dargestellt werden:

Abbildung 1: Einordnung der Arbeitsformen (nach [SEIT95])

2.2.1. Dezentralisation und Kooperation

Wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung werden die Begriffe "Dezentralisation" und "Kooperation" kurz erörtert [SEIT95]:

• Dezentralisation: In der Betriebswirtschaftslehre wird Dezentralisation als das Streben vom Mittelpunkt weg definiert, wobei Aufgaben bzw. Mittel an untergeordnete Funktionsträger delegiert werden [LECH92]. Es wird die Richtung von Handlungen beschrieben und vom Inhalt der Handlungen bzw. der institutionellen Ausgestaltung abstrahiert. Dezentralisation wird als Organisationsprinzip verstanden, wobei Aufgaben Dezentralisationsobjekte sind und Organisationseinheiten, Arbeitsmittel, Raum und Zeit als Dezentralisationsziele gesehen werden. Erfolgt die Aufgabenzuordnung nach räumlichen Gesichtspunkten, so wird dies als Raumdezentralisation bezeichnet [SEIT95].
• Kooperation: Kooperation bezeichnet das Tätigsein von zwei oder mehr Individuen, das bewußt planvoll aufeinander abgestimmt die Zielerreichung eines jeden beteiligten Individuums in gleichem Maße gewährleistet [SEIT95]. Das Interessante an dieser Definition ist, daß auch dann von Kooperation die Rede ist, wenn gegenständliches Tätigsein, quasi als Abstimmung materiellen Handelns, nicht gegeben ist. Vielmehr ist Kooperation auch unter den Bedingungen des kommunikativen Handelns (Besprechen, Verhandeln) und des Verarbeitens von Informationen möglich. Das ist insbesondere bei der analytischen Betrachtung von Arbeitsbereichen von Interesse, wo eine materielle Einwirkung auf einen Arbeitsgegenstand eher ein Sonderfall ist, z. B. bei Büro- und Verwaltungstätigkeiten.

2.2.2. Telearbeit «-» Kombinierte Tele- und Teamarbeit

Die meisten bisherigen Versuche im Hinblick auf Telearbeit beschränkten sich auf die Telearbeit im engeren Sinne nach der obigen Klassifikation, da hauptsächlich Einzelarbeit ausgelagert wurde, wobei Kooperation fast ausschließlich asynchron (E-Mail) erfolgte. Eigentliche Teamarbeit mit enger Kooperation wurde entweder gar nicht ausgelagert oder bei alternierender Telearbeit auf Tage verlegt, bei denen die Telearbeiter gemeinsam in der Zentrale zusammentrafen. Für eine Verbreiterung der Anwendungsbasis der Telearbeit ist es allerdings erforderlich, auch die Teamarbeit stärker zu integrieren, da diese bei einem großen Teil der Arbeitsplätze einen wichtigen Stellenwert bei den Aufgaben darstellt. Das hauptsächliche Problem hierbei ist, daß Teamarbeit bisher nur wenig durch Computer unterstützt wird, und eine Auslagerung mit Computerunterstützung daher nur schlecht möglich ist. Ein wichtiger Ansatz in diese Richtung ist daher die Entwicklung von Groupware (Siehe Punkt 3.3.2), die eine enge Zusammenarbeit von mehreren Personen ermöglichen muß. Erst wenn dies sich bewährt und durchgesetzt hat, kann daran gegangen werden, diese Programme auch auf größere Distanzen und langsamere, unzuverlässigere Übertragungen anzupassen, sodaß kombinierte Tele- und Teamarbeit möglich wird.

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Letzte Änderung: 6.10.1997 (c) 1997 Michael V. Sonntag