In diesem Abschnitt werden die einzelnen Ausprägungen der Telearbeit voneinander abgegrenzt, wodurch auch gleich eine Begriffsbestimmung für das Folgende geschieht. Dies ist besonders wichtig, da vor allem die Unterscheidung zwischen Satellitenbüro / Nachbarschaftsbüro / Telezentrum meist nur sehr nachlässig bzw. überhaupt nicht erfolgt.
Teleheimarbeit ist jene Form der Telearbeit, bei der die Arbeit nicht mehr in den Räumen des Arbeitgebers erfolgt, sondern in der Wohnung der Mitarbeiter. Dies ist, wie später genauer erläutert werden wird, nur dann sinnvoll möglich, wenn ausreichend Platz zur Verfügung steht. Ebenso muß berücksichtigt werden, daß durch die Familie wieder eine zusätzliche Ablenkung hinzukommen kann, während man durch die Auslagerung aus dem Büro eigentlich Unterbrechungen durch Kollegen, Kunden oder Vorgesetzte verringern wollte.
Ein Satellitenbüro ist eine Art Zweigstelle oder Filiale eines einzelnen Betriebes, wo ganze Funktionsbereiche (d. h. ganze Abteilungen oder eine größere Anzahl von Mitarbeitern auf einmal) ausgelagert werden. Wichtig für die Abgrenzung zur Filiale ist jedoch, daß sich die Standortwahl nicht am Kundenbedürfnis oder günstigen Verkehrsverbindungen (Auto, Bahn, ...) orientiert, sondern die Auswahl des Ortes von den Wohnorten der Mitarbeitern abhängt. Daraus ergibt sich allerdings sofort das Problem, daß die Mitarbeiter eines Funktionsbereiches wohl kaum alle aus einem kleinen Umkreis kommen. Ein Satellitenbüro ist daher hauptsächlich bei sehr großen Umorganisationen in Betracht zu ziehen, bzw. wenn neue Bereiche errichtet werden, bei denen dann dieses Konzept eingesetzt werden kann. Aufgrund des alleinigen Betriebes durch eine einzelne Firma ist dieses Modell nur für große Firmen geeignet, da Einsparungen erst ab einer größeren Anzahl von Mitarbeitern (ca. mindestens 10, besser aber viel mehr) realisiert werden können. Stehen bereits günstige Räumlichkeiten und die Telekommunikationsinfrastruktur zur Verfügung, so kann auch mit einer geringeren Mitarbeiterzahl erfolgreich gearbeitet werden. Gegenüber der Teleheimarbeit bietet sich der große Vorteil, daß die Mitarbeiter untereinander Kontakt haben, weshalb es auch immer ausgeprägte Kommunikationsbereiche gibt (=Besprechungsräume, Leseecke, ...).
Ein Nachbarschaftsbüro ähnelt einem Satellitenbüro, jedoch sind dort Mitarbeiter mehrerer Firmen untergebracht, wobei eine Firma davon oder alle gemeinsam das Büro betreiben. Auch hier muß sich der Standort an den Mitarbeitern orientieren [MTA]. Solche Nachbarschaftsbüros können leicht aus Satellitenbüros entstehen, wenn durch Auslagerung an andere Orte (Rückkehr in die Zentrale, Tele-Heimarbeit, nähere Nachbarschaftsbüros) Räumlichkeiten frei werden, die anschließend anderen Firmen zur Verfügung stehen. Ein großes Problem ist hier, daß es meistens nur ein einziges Netzwerk (LAN) gibt, an das alle Mitarbeiter angeschlossen sind. Daher kann es zu Problemen des Datenschutzes kommen, weshalb sich normalerweise auch nie Konkurrenzbetriebe in einem solchen Nachbarschaftsbüro befinden. In sozialer Hinsicht ist dieses Konzept besser geeignet als das Satellitenbüro, da man an seinem Arbeitsplatz sowohl Leute trifft, die in der selben Firma arbeiten, als auch solche anderer Firmen, was zu verbreiteteren Kontakten führt. Der Vorteil für Firmen ist, daß die hohen anfänglichen Kosten (Errichtung, Einrichtung, Telekommunikationsausstattung, ...) wegfallen und man genau jene Leistungen (z. B. spezielle Drucker, ...) mieten kann, die benötigt werden. Ebenso kann auf diese Weise ein sehr kostengünstiger Einstieg in die Telearbeit erfolgen, was besonders wichtig ist, da viele Firmen zur Zeit noch sehr skeptisch über den Nutzen dieser neuen Arbeitsform sind. Meist wird dabei sowohl eine hochwertige technische Ausstattung inklusive Standard-Programmen angeboten, als auch Sicherheits-Leistungen wie Zutrittskontrolle, spezielle Datenschutzeinrichtungen oder Sicherheitsexperten. Als Betreiber kommen hauptsächlich Großfirmen und die öffentliche Hand in Frage, um Arbeitsplätze in Problemregionen, wie z. B. am Land, zu schaffen. Dies ist im Ausland auch durchaus der Fall, doch in Österreich sind bisher nur sehr wenige Ansätze/Versuche gestartet worden, die alle von Privatfirmen initiiert wurden.
Ein Telezentrum ([LINZ96]: Telepark) unterscheidet sich von
einem Nachbarschaftsbüro dadurch, daß es einen kommerziellen
Betreiber gibt, der einzelne Büros oder Gebäudeteile an Firmen
vermietet, damit deren Mitarbeiter dort arbeiten können.
Weiteres und hauptsächliches Unterscheidungsmerkal ist
allerdings, daß Telezentren nicht nur rein aus
Telearbeitsplätzen bestehen, sondern daß zusätzliche Angebote
(wie z. B. Sekretariatsleistungen, Netzwerksbetreuung, ...)
hinzukommen, sodaß ein integriertes Gesamtes entsteht, in dem
Telearbeit nur ein Aspekt ist. Ein Beispiel hierzu ist das
Telezentrum in Bruck an der Leitha, genannt "Bruck an der
Leitung", (Hauptgebäude alleine, in Kombination mit den
Wohnungen siehe Tele-cottage), doch ist dieses Projekt bisher
ausschließlich eine Fallstudie und die wirkliche Errichtung ist
aufgrund der derzeitigen Budgetprobleme eher fraglich.
Telezentrum und Nachbarschaftsbüro werden meistens miteinander vermengt, ohne daß eine genaue Unterscheidung getroffen wird, die meistens ohnehin nur schwer möglich wäre, sodaß auch hier diese beiden Begriffe in Zukunft synonym verwendet werden sollen.
Das Konzept eines Tele-cottage ([MTA]: Tele-village) ist eng mit dem eines Telezentrums verbunden, da ein Tele-cottage meistens aus einem Telezentrum besteht, wobei noch zusätzlich hinzu kommt, daß die umgebenden Wohnhäuser explizit auf Teleheimarbeit hin gebaut werden und auch ein spezielles Augenmerk auf eine soziale Integration (z. B. integrierter Kindergarten) gelegt wird [MTA]. Das bedeutet, daß eigene Räumlichkeiten für die Heimarbeit eingerichtet werden, die unter Umständen sogar einen eigenen Eingang für Besucher besitzen. Ebenso ist bei jedem Haus für einen leistungsfähigen Netzwerksanschluß (oder eine einfache und billige Einrichtung eines solchen) gesorgt, sodaß Telearbeit jederzeit ohne aufwendige Investitionen und Installationen möglich ist. Das Problem bei diesem Modell ist die zusätzliche Verteuerung des ohnehin nicht billigen Wohnungsbaus, was bisher zumindest in Österreich dazu geführt hat, daß kein einziger Fall einer solchen Siedlung realisiert wurde. Allein die bereits beim Telezentrum erwähnte Fallstudie Bruck ist in Österreich der einzige Ansatz, ein Tele-cottage zu errichten, wobei die speziellen Vorschriften für die Tele-Anbindung im Baurechtsweg vorgeschrieben werden sollen.
Unter mobiler Telearbeit ([BONO95]: Ubiquitous Computing; [GORDON]: Virtual office) versteht man das Arbeiten von vielen verschiedenen Orten innerhalb kurzer Zeiträume, bzw. Telearbeit an eher "ausgefallenen" Orten wie Autos, Hotels, Flugzeugen, Kunden etc. Aus diesem Grunde ist sie insbesondere für Verkaufs- und Kundendienstpersonal geeignet [GODE94]. Sie bedarf jedoch spezieller Ausstattung, da diese nur wenig Raum und Gewicht bei möglichst großer Leistungsfähigkeit einnehmen darf. Oft ist ein Laptop und, bei Bedarf, ein Drucker in einem Koffer eingebaut, sodaß keinerlei Aufbau, außer dem Anstecken zum Aufladen der Akkus, mehr notwendig ist [HODS96]. Besonderer Wert ist auf die Vielseitigkeit der Telekommunikationsverbindung zu legen, da an vielen Orten keine speziellen Einrichtungen für Telearbeit vorgesehen sind. Die höchste Verfügbarkeit bieten analoge Modems in Verbindung mit Funktelefonen, die praktisch überall eingesetzt werden können.
Bei alternierender Telearbeit handelt es sich nicht direkt um eine eigene Arbeitsform wie sie in den vorigen Unterabschnitten dargestellt wurden, doch soll dieser wichtige Begriff hier erklärt werden. Bei alternierender Telearbeit wird die Arbeit zeitlich zwischen mehreren Orten aufgeteilt, wobei alle diese Orte verschiedene der obigen Telearbeits-Konzepte sein können. So ist sie beispielsweise zwischen der Wohnung und der Firmenzentrale mögliche (klassische Form), aber auch genauso zwischen einem Nachbarschaftsbüro und Arbeit in Geschäftsräumen von Kunden des eigenen Betriebes. Der Hauptaspekt liegt hier darin, daß der Ort mehr oder minder regelmäßig gewechselt wird.
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Letzte Änderung: 6.10.1997 (c) 1997 Michael V. Sonntag |