2.3 Zusammensetzung

Hinauf ] 2.1 Rechtsgrundlage ] 2.2 Aufgaben ] [ 2.3 Zusammensetzung ] 2.4 Parteifähigkeit ] 2.5 Die Zuständigkeit des IGH ] 2.6 Entscheidungsgrundlagen ] 2.7 Bildung von Kammern ] 2.8 Exekution von Urteilen ]

Nach Artikel 3 des Statuts besteht der Gerichtshof aus 15 Richtern. Zu diesen ständigen Richtern kommen noch die Richter ad hoc hinzu, die nur für jeweils einen Streitfall als Richter tätig werden.

2.3.1 Bestellung von Richtern

Bei der Bestellung von Richtern sind mehrere allgemeine Grundsätze für die Gesamtheit der Richter zu beachten:

  • Es dürfen nicht 2 Richter dem gleichen Staat angehören (Art. 3 Abs. 1 Statut).
  • Die wichtigsten Rechtssysteme der Welt sollen vertreten sein (Art. 8 Statut)
  • Die hauptsächlichen Zivilisationsformen sollen vertreten sein (Art. 8 Statut).

Besonders die letzte Kategorie ist m. E. nach etwas dubios, da eine genauere Erläuterung, was eine "hauptsächliche Zivilisationsform" ist, sehr schwierig sein dürfte. In der Praxis läuft diese Bestimmung darauf hinaus, daß (mit Ausnahme Chinas 1967-1985) die ständigen Sicherheitsratsmitglieder immer einen Richter ihrer Nationalität im Gerichtshof hatten. Die restlichen Plätze werden einfach nach geographischen Gesichtspunkten vergeben11.

Darüber hinaus gelten auch für den einzelnen Richter mehrere Voraussetzungen (Art. 2 Statut)12:

  • Hohes sittliches Ansehen: Die Staaten müssen auf seine Integrität vertrauen, daß er sein Amt unparteilich führt.
  • Fähigkeit zu den höchsten nationalen richterlichen Ämtern oder Völkerrechtsgelehrte von anerkanntem Ruf: Die Fähigkeit bestimmt sich nach den nationalen Vorschriften.

Die Richter werden für 9 Jahre gewählt, wobei alle 3 Jahre 5 Richter gewählt werden (Partialerneuerung). Sie bleiben über ihre Amtszeit hinaus in all jenen Fällen tätig, die sie in ihrer Amtszeit begonnen haben. Im folgenden wird in einem Diagramm der Wahlvorgang für die Richter dargestellt:

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Die Richter sind in der Ausübung ihres Amtes gemäß Art. 2 des Statuts unabhängig und genießen das Privileg der Unabsetzbarkeit. Unversetzbarkeit kommt mangels eines anderen Gerichts nicht in Frage. Da der Gerichtshof im Plenum tagt, ist eine feste Geschäftsverteilung nicht von Bedeutung. Wird eine Kammer gebildet (Siehe Punkt 2.7), so ist die Zustimmung aller Parteien und des Gerichtshofs notwendig, weshalb sich auch in diesem Fall kein Problem ergibt. Die Richter haben ihr Amt unparteilich auszuüben, wozu insbesondere zählt, daß sie in einer Sache nur als Richter teilnehmen, an der sie früher in keiner Weise mitgewirkt haben, und keiner anderen (privaten oder öffentlichen) Beschäftigung während ihrer Amtszeit nachgehen dürfen. Um dies zu erreichen erhalten sie ein Gehalt, welches von der UN Generalversammlung festgesetzt wird, sowie eine Pension nach Ende ihrer Amtstätigkeit. Während der Amtszeit genießen sie diplomatische Privilegien und absolute Immunität.

2.3.2 Richter ad hoc

Richter der Nationalität einer der Streitparteien verlieren weder Sitz noch Stimme sondern bleiben voll im Amt und können auch nicht wegen Parteilichkeit entfernt werden13. Als Ausgleich für diesen "Vorteil" können Staaten, die keinen Richter ihrer Nationalität auf der Richterbank haben (also ev. beide Staaten!), einen Richter ad hoc bestimmen, der zu den restlichen Richtern hinzutritt. Auch bei Kammern ist dies möglich, doch entscheidet hier der Präsident, welche(r) Richter ersetzt wird, da hier die Zahl konstant bleiben soll14. Dieser Richter muß alle Voraussetzungen für einen normalen Richter erfüllen (Siehe oben). Die Unparteilichkeit und die Privilegien gelten natürlich auch für Richter ad hoc, obgleich diese eine besondere Stellung haben. Er hat die Aufgabe, sicherzustellen, daß alle Argumente die für seinen Staat sprechen untersucht und berücksichtigt werden, auch wenn diesen dann nicht zugestimmt wird. Trotzdem ist er kein Repräsentant seines Staates und kann auch gegen diesen entscheiden15.

Diese Institution entspricht eindeutig dem Charakter eines Schiedsgerichts und nicht dem eines Gerichtshofes, doch aufgrund der äußerst starken Anwendung kann darauf zur Zeit wohl nicht verzichtet werden.

2.3.3 Sonstige Funktionen

Neben den Richtern gibt es am Gerichtshof noch andere Titel bzw. Beschäftigte.

2.3.3.1 Präsident

Der Präsident (President) führt den Vorsitz über die Verhandlungen, leitet die Arbeit und überwacht die Verwaltung des Gerichtshofes. Darüber hinaus können ihm auch noch Nebenaufgaben obliegen (Siehe oben Punkt 2.2.2). Der Präsident wird ohne Nominierungen in geheimer Abstimmung mit einfacher Mehrheit der Richter für jeweils 3 Jahre mit Möglichkeit zur Wiederwahl (Art. 21 Abs. 1 Statut) gewählt16.

2.3.3.2 Vizepräsident/ältester Richter

Hierbei handelt es sich nur um spezielle Titel die einzelne Richter tragen und mit denen im Regelfall keine besondere Aufgabe oder Tätigkeit verbunden ist.

Der Vizepräsident (Vice-President) wird wie der Präsident (3 Jahre; Wiederwahl möglich) und im Voraus gewählt. Er vertritt den Präsidenten wenn diese Position unbesetzt ist, dieser abwesend ist oder er aus irgendeinem Grund nicht den Vorsitz führen kann17.

Um eine Rangfolge zu ermöglichen, die freilich nur für das Protokoll bzw. für die Bestimmung des Vorsitzes bei Verhinderung des Präsidenten und des Vizepräsidenten dient, werden die Richter nach dem Tag ihres Amtsantritts (subsidiär nach ihrem Alter) gereiht. Derjenige Richter, der nach dem Präsidenten und Vizepräsidenten gereiht ist, übernimmt im Notfall deren Aufgaben und wird ältester Richter (senior judge) genannt (Art. 3 Verfahrensordnung).

2.3.3.3 Beisitzer

In Art. 9 der Verfahrensordnung ist nach Art. 30 Abs. 2 des Statuts vorgesehen, daß der Gerichtshof auf Antrag oder eigenen Beschluß Beisitzer (Assessors) zu der Verhandlung sowohl im Plenum wie auch in Kammern hinzuziehen kann, die freilich kein Stimmrecht haben, obwohl sie an den geheimen Beratungen teilnehmen. Sie werden in geheimer Wahl mit einfacher Mehrheit der in diesem Fall amtierenden Richter gewählt.

2.3.3.4 Sekretär

Nach Art. 21 Abs. 2 des Statuts wird der Sekretär (Registrar) und die notwendigen Beamten vom Gericht bestellt. Der Sekretär wird vom Gerichtshof in geheimer Abstimmung auf Grund von Vorschlägen von Richtern für 7 Jahre mit Möglichkeit der Wiederwahl gewählt18. In der Verantwortung des Sekretärs sind unter anderem:

  • Empfang und Versand aller Schriftstücke (insbesondere in Hinsicht auf die Feststellung von Datum und Zeit des Ein- und Ausgangs) und Durchführung der Kommunikation mit allen Staaten in Verhandlungen (Verteilung von Schriftstücken, Benachrichtigung von einseitigen Anrufungen, …)
  • Leitung des Archivs (IGH, StIGH und Kriegsverbrecherprozesse in Nürnberg)
  • Alle notwendigen Sekretariatsdienste
 

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